Roberto Brigante – La Verità
Alter schützt nicht vor Kreativität – und Erfahrung nicht vor Leidenschaft. Roberto Brigante traut sich, mit «La verità» auch heisse Eisen anzufassen. Höchste Zeit – nach bald 20 Jahren in diesem Haifischbecken, das sich Musikbusiness nennt.
Wer sich bald 20 Jahre im Musikbusiness halten kann, hat einiges richtig gemacht. Eine Aussage, die Roberto Brigante in dieser Absolutheit formuliert kaum unterschreiben würde. Denn er weiss: Vieles richtig machen alleine reicht nicht, um in diesem Haifischbecken zu überleben. Es braucht neben Fleiss und einer Prise Glück vor allem auch ganz viele Menschen, die an einen glauben, immer wieder neue Ideen er- und mittragen und Künstlern so den Boden geben, in dem ihre Kunst Wurzeln schlagen, wachsen und sich entfalten kann. Das ist die ganze Wahrheit – und nicht nur die halbe, wie sie der Einstieg in diese Zeilen suggerierte.
In den bald 20 Jahren, in denen Roberto Brigante nun vornehmlich in der Schweiz, aber auch in Deutschland und Italien als Cantante unterwegs ist, ist er vielen solchen Menschen begegnet. Er hat erlebt, wie Geschäftspartner zu Freunden wurden – aber auch wie Freundschaften irgendwann zu emotionslosen Geschäftsbeziehungen wurden. Es sind diese Begegnungen mit unterschiedlichsten Menschen unterschiedlichster Herkunft und verschiedenster Charakteristik, die Roberto Brigante zu seinem jüngsten Release inspiriert haben. Auf seinem neusten Werk präsentiert er nicht mehr und nicht weniger als die Wahrheit - «La Verità». Ganz, offen, ungeschminkt.
«La Verità» ist in vielerlei Hinsicht typisch Brigante: Ein Herz-Release, getragen und getrieben von grossen Gefühlen – und fernab von Regeln, in denen so viele Musik-Releases sich verheddern. Mit sieben Songs ist «La Verità» eigentlich zu kurz für ein Album – aber auch zu lang für eine EP. Doch Roberto Brigante und sein Produzent Roberto de Luca denken nicht in solchen gängigen Schemen. So ist «La Verità» denn auch mehr, als eine Sammlung von sieben neuen Liedern aus der Feder des Cantante aus Thun, BE. Vielmehr erzählen die sechs Songs «La Verità», «La Felicità», «La Strada», «La Trappola», «La Storia» und «A volte» in sechs Kaptieln die Geschichte des Musikers Roberto Brigante und der Menschen, die ihm in den letzten 20 Jahren auf dem Weg begegnet sind.
Es sind Songs, die von Glück, Hinterlist, langen Wegen und immer neuem Abwägen erzählen – und bei genauerem Hinhören durchaus tief blicken lassen. So dass am Ende tatsächlich sichtbar wird, was schon am Anfang angekündet wird: Die Wahrheit. Und selbst der siebte Song – Brigantes 2019er-Sommerhit «Nui Ca Lu Sole» – passt als Epilog in die Geschichte. Steht er doch symbolisch dafür, dass Brigante mit seinem letzten Hit-Album «Sono Io», das ihn in der Schweiz auf Platz 13 der Album-Charts katapultiert hatte, wohl bei sich selber angekommen ist – aber deshalb noch lange keine Lust hat, stillzustehen und sich auf den Lorbeeren auszuruhen.
Vieles auf «La Verità» ist indes auch durchaus neu und bei Roberto Brigante so bis dato noch nie gehört. Die sieben neuen Songs stehen auch für einen neuen musikalischen Facettenreichtum, der von Ehrerbietungen an grosse italienische Cantautori über Reggaeton bis hin zu veritablem Rock reicht. Dass auch ruhige Piano-Momente oder luftige Leichtigkeit auf «La Verità» Raum finden, versteht sich von selbst.
«La Verità» ist das mittlerweile zehnte Studio-Album nach «Poesia» (2003), «Va bene!» (2006), «Pronto» (2008), «Piccante» (2010) und «Strada del sole» (2012), «Roberto Brigante» (2015), «Insieme» (2017), «10» (Herrmann&Brigante, 2018) und «Sono Io» (2019).